Nord Stream verlegt letztes Rohr des ersten Pipelinestrangs
- Alle drei Teilabschnitte des ersten 1.224 Kilometer langen Leitungsstrangs durch die Ostsee verlegt
- Die Abschnitte werden im Sommer auf dem Meeresboden verbunden
- Erstes Gas soll im vierten Quartal dieses Jahres fließen
5. Mai 2011 | Zug | Alle drei Abschnitte des ersten 1.224 Kilometer langen Leitungsstrangs der Nord Stream-Pipeline sind fertiggestellt. Noch im Sommer dieses Jahres werden sie vor den Küsten Finnlands und Schwedens miteinander verbunden. Die Pipeline soll planmäßig im vierten Quartal den Betrieb aufnehmen und Erdgas aus Russland direkt in die Europäische Union transportieren. Der zweite Pipelinestrang soll im Jahr 2012 fertiggestellt werden.
„Europa wird mit der Nord Stream-Pipeline sehr bald über eine sichere und direkte Verbindung zu den weltweit größten Erdgasreserven in Russland verfügen. Das privat finanzierte Nord Stream-Projekt mit einem Budget von 7,4 Milliarden Euro ist auf eine Betriebsdauer von mindestens 50 Jahren ausgelegt“, sagt Matthias Warnig, Managing Director der Nord Stream AG. „Dieses bedeutende Infrastrukturprojekt gewinnt vor dem Hintergrund der wachsenden Bedenken gegenüber Kernenergie und Energieimporten aus Nordafrika an Bedeutung für Europa und Russland“, ergänzt Warnig.
Nach der Fertigstellung des zweiten Pipelinestrangs im Jahr 2012 wird die Nord Stream-Pipeline 55 Milliarden Kubikmeter Erdgas pro Jahr transportieren. Diese Menge ist ausreichend, um 26 Millionen europäische Haushalte zu versorgen. Bis zum Jahr 2015 wird keine andere Pipeline mit einer Kapazität von über 10 Milliarden Kubikmetern den Betrieb aufnehmen.
Die Nord Stream-Pipeline ist so konstruiert, dass sie keine zusätzlichen Verdichterstationen entlang der Trasse benötigt. Das Gas wird in Russland mit einem Druck von 220 Bar eingespeist. Der Druck nimmt beim Transport nach Deutschland kontinuierlich ab. Die Leitung wurde deshalb in drei Abschnitten verlegt, die jeweils für ein unterschiedliches Druckniveau – 220, 200 und 170 Bar – ausgelegt sind. Diese drei Leitungsabschnitte werden in den kommenden Monaten unter Wasser miteinander verbunden. Zunächst, im Frühjahr dieses Jahres, der Abschnitt im Finnischen Meerbusen und der mittlere Teil. Die Arbeiten finden vor der Küste Finnlands in einer Tiefe von etwa 80 Metern statt. Im Sommer folgt dann die Verbindung des mittleren Abschnitts mit dem südwestlichen Teil der Pipeline vor der Küste der schwedischen Insel Gotland in rund 110 Metern Tiefe. Damit ist die Verlegung des ersten Pipelinestrangs komplett abgeschlossen.
Bevor die drei Pipelineabschnitte miteinander verbunden und an die Einrichtungen im russischen und deutschen Anlandungsbereich angeschlossen werden, müssen sie einem sorgfältigen Drucktest unterzogen werden. Für die Abschnitte 1 und 2 des ersten Pipelinestrangs ist diese Prüfung bereits mit positivem Resultat erfolgt. Abschnitt 3 folgt in den kommenden Tagen. Die Installationen am deutschen Anlandungsbereich wurden ebenfalls bereits erfolgreich getestet. Der Drucktest am russischen Anlandungsbereich ist für Ende Mai geplant, sobald alle Schweißarbeiten abgeschlossen sind. Vor Inbetriebnahme des ersten Leitungsstrangs werden weitere gründliche Tests an der gesamten Pipeline durchgeführt.
Der Sicherheit und der Umwelt verpflichtet
„Wir sind der Sicherheit und der Umwelt verpflichtet und haben jeden Meter der Pipeline sorgfältig geplant. Dies ist einer der Gründe dafür, dass unser Projekt von Beginn an erfolgreich war“, erklärt Warnig. „Nord Stream hat insgesamt 100 Millionen Euro in Umweltuntersuchungen und technische Planungen investiert und zu allen Aspekten des Projekts eng mit Regierungen, Behörden, Experten und Interessengruppen in allen Ostsee-Anrainerstaaten zusammengearbeitet. So stellen wir sicher, dass das technische Design, der Routenverlauf, der Bau und der Betrieb der Pipeline sicher und umweltverträglich sind.“
„Nord Stream investiert darüber hinaus 40 Millionen Euro in ein umfassendes Umweltmonitoring-Programm. An etwa 1.000 Messstationen werden während der Bauphase und in den ersten drei Jahren des Betriebs 16 verschiedene Parameter überwacht. Die ersten Ergebnisse haben gezeigt, dass die Umweltauswirkungen sogar geringer sind als in den Umweltverträglichkeitsprüfungen (UVP) angenommen wurde“, ergänzt Warnig.
Sorgfältig geplante Verlegung
Nord Stream hat den Bau des ersten der beiden Pipelinestränge planmäßig nach etwas mehr als einem Jahr abgeschlossen. Ruurd Hoekstra, Construction Director der Nord Stream AG, erklärt: „Der reibungslose Verlauf der Verlegearbeiten ist das Ergebnis der sorgfältigen Planung aller Aspekte dieses komplexen Projektes – seien es die Technik, Logistik, der Betrieb oder Sicherheits- und Umweltfragen. Unsere Planung hat sich als sehr belastbar erwiesen. Selbst außergewöhnlich schwierige Wetterbedingungen in der Ostsee, die die Arbeiten vorübergehend zum Stillstand brachten, haben wir gemeistert. Mindestens 30 Schiffe waren zeitgleich an verschiedenen Stellen in der Ostsee im Einsatz und haben hervorragend zusammengearbeitet.“
Hoekstra ergänzt: „Das Logistikkonzept von Nord Stream trägt dazu bei, dass die insgesamt 202.000 betonummantelten Stahlrohre effizient und umweltschonend produziert und zu den Verlegeschiffen transportiert werden können. Dank mehrerer Logistikstandorte entlang der Route müssen die Transportschiffe nie mehr als 100 Seemeilen (etwa 185 Kilometer) zwischen Hafen und Verlegeschiff zurücklegen, um die 23 Tonnen schweren Rohre zu transportieren.“.
Das Verlegeschiff Castoro Sei (Saipem) hat den Großteil des ersten Pipelinestrangs verlegt und befindet sich derzeit auf dem Weg nach Turku in Finnland, wo es gewartet wird. Anschließend wird die Castoro Sei die Verlegung des zweiten Leitungsstrangs aufnehmen und die Arbeiten voraussichtlich im Frühjahr des Jahres 2012 abschließen. Das Verlegeschiff Solitaire (Allseas im Auftrag von Saipem) wird auch den zweiten Pipelinestrang im Finnischen Meerbusen verlegen. Der zweite Leitungsstrang soll im vierten Quartal des Jahres 2012 in Betrieb gehen.
Die Geschichte des letzten Rohrs
Alle Rohre für den ersten Pipelinestrang wurden in Deutschland oder Russland hergestellt und in Finnland oder Deutschland mit Beton ummantelt. Jeder Arbeitsschritt und jedes Rohr kann dank modernster Technik zurückverfolgt werden. Das letzte Rohr trat am 10. November 2009 in der deutschen Stadt Dillingen im Saarland seine Reise an. Dort produzierte die Dillinger Hütte GmbH die Stahlplatte, aus der am 8. Januar 2010 von der EUROPIPE GmbH in Mülheim ein 12 Tonnen schweres und 12 Meter langes Rohr mit einem Durchmesser von rund 1,20 Metern hergestellt wurde.
Dieses Stahlrohr wurde per Bahn am 8. Januar 2010 nach Mukran an der deutschen Ostseeküste transportiert. Für zusätzliche Stabilität auf dem Meeresboden ummantelte es die französische Firma EUPEC S.A. mit Beton und verdoppelte sein Gewicht so auf etwa 23 Tonnen.
Am 11. April 2011 wurde das Rohr zum Zwischenlager Slite auf der schwedischen Insel Gotland verschifft. Dort wartete es, bis es am 3. Mai 2011 auf das offene Meer gebracht und auf die Castoro Sei verladen wurde. Das Verlegeschiff wird von der italienischen Firma Saipem S.p.A. betrieben.
Am 4. Mai 2011 wurde das Rohr schließlich in die zentrale Fertigungsstraße an Bord der Castoro Sei befördert. Dort wurden die Rohrenden angeschrägt. Anschließend wurde das Rohr mit einem zweiten Rohrsegment verschweißt und mit einer Endkappe versehen. Das zweiteilige, 24 Meter lange Rohr wurde an den bestehenden Pipelinestrang geschweißt und auf seine exakte Position bei Kilometerpunkt 674 auf den Meeresboden herabgelassen. Nun befindet sich das Rohr 674 Kilometer vom russischen Anlandungsbereich entfernt – direkt neben dem ersten Rohr, das die Castoro Sei dort im April des Jahres 2010 verlegt hatte.