Nord Stream läutet nächste Runde der Umweltverträglichkeitsuntersuchung ein
22. März 2007 | Zug | Die erste Phase der internationalen Konsultationen gemäß der Espoo-Konvention für den Bau der Erdgasleitung durch die Ostsee ist abgeschlossen.
Nach der offiziellen Ankündigung des Projekts im November 2006 hat die Nord Stream AG als Vorhabenträger insgesamt 129 Stellungnahmen zu dem Projekt von Behörden, Verbänden, Vereinen und Privatpersonen der Ostseeanrainerstaaten (Dänemark 5, Deutschland 29, Estland 12, Finnland 50, Lettland 1, Litauen 1, Polen 1, Russland 1 und Schweden 29) erhalten.
Die abgegebenen Stellungnahmen konzentrieren sich auf die Schlüsselthemen, die bereits in den vergangenen Monaten in öffentlichen Anhörungen und Treffen mit den zuständigen Behörden diskutiert wurden. Dazu gehören die Auswirkungen auf den Meeresboden und auf die Fischerei sowie die Risiken von versenkten Munitionsaltlasten. Zu diesen Themenfeldern wurden bereits in den vergangenen Jahren ausführliche Untersuchungen von Nord Stream und ihren Anteilseignern durchgeführt.
Die Stellungnahmen werden in die abschließenden Arbeiten am Umweltbericht Eingang finden, der im Frühherbst 2007 vorgelegt wird. Die Einbeziehung der Stellungnahmen der betroffenen Länder in dieser frühen Phase der Vorbereitung der Antragsunterlagen ermöglicht die zielgerechte Definition der vorzulegenden Untersuchungen und damit einen effektiven Entscheidungsprozess.
Das weitere Vorgehen und die Struktur des Umweltberichts wurden auf einem Treffen mit Vertretern der zuständigen Behörden Dänemarks, Deutschlands, Finnlands, Russlands und Schwedens (der „Ursprungsparteien“ im Sinne der Espoo-Konvention) am 20./21. März 2007 in Stockholm diskutiert. Die Länder kamen darin überein, dass ein grenzüberschreitender Umweltbericht die Auswirkungen des gesamten Projekts auf die ganze Ostsee beschreiben soll. Dieser Bericht bildet die Grundlage für die zweite Phase der internationalen Konsultationen und wird Teil der jeweiligen nationalen Genehmigungsverfahren sein.
Vervollständigung der Umweltstudien
Im Rahmen des Treffens hat Nord Stream die „Ursprungsparteien“ über die in den Jahren 2005 und 2006 durchgeführten Umweltuntersuchungen sowie die für 2007 geplanten Maßnahmen informiert. Zu den behandelten Themen gehörten u.a.:
Auswirkungen auf den Meeresboden und die Dispersion kontaminierter Sedimente sowie die Aufwirbelung von Nährstoffen
Entlang des größten Teils der Route wird die Gasleitung direkt auf dem Meeresboden verlegt. Im Meeresboden eingegraben wird sie nur dort, wo es zu ihrer Sicherheit für notwendig erachtet wird. Es ist allgemein bekannt, dass der Bodensatz der Ostsee in Teilen durch menschliche Verursachung verschmutzt ist und Nährstoffbelastungen in die Bodensedimente eingelagert sind. Eingriffe in die Sedimente können eine Dispersion und Veränderungen in der unmittelbaren Umwelt auslösen.
In den Jahren 2005/2006 hat Nord Stream umfassende Sedimentproben entlang der gesamten Pipelineroute entnommen. Damit wurden die bereits vorhandenen Ergebnisse des HELCOM Überwachungsprogramms ergänzt. Die Feldstudie beinhaltete:
- Vertikale Feldvermessung der physikalischen und chemischen Parameter (Temperatur, Salzgehalt, Leitfähigkeit) an 89 Stellen der geplanten Route,
- Physikalische und chemische Analyse der Wasser- und Sedimentproben an bis zu 255 Stellen, darin enthalten die Analyse der Gehalte an Nährstoffen, Schwermetallen und organischen Fremdstoffen wie polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen und polychloriertem Biphenyl,
- Planktonproben von 59 Stellen, Proben der Fauna des Meeresbodens (Makrozoobenthos) von 255 Stellen und der Fischpopulation von 16 Stellen,
- Beobachtung von Vögeln und Meeressäugetieren entlang der gesamten Pipelineroute.
Infolgedessen liegt nun eine umfassende Basisuntersuchung für eine Reihe von Kontaminationsstoffen (Schwermetalle und persistente organische Schadstoffe) vor.
Um eine detaillierte Einschätzung der Auswirkungen der Verlegung der Rohrleitungen auf dem und in den Meeresboden vornehmen zu können, sind folgende ergänzende Maßnahmen geplant:
- Ausführliche Überprüfung der technischen Ausführung des Leitungsbaus sowie der vorbereitenden Verlegungsmaßnahmen (Nivellierung des Meeresbodens und Montage von Pipelineverankerungen) (Mai 2007),
- Ergänzende Entnahme und Analyse von Sedimentproben in Gebieten, die als besonders sensibel gelten (Mai-Juni 2007),
- Hydrodynamische Modellierung der Sedimentdispersion, Berechnung des dadurch beeinflussten Gebietes sowie die Beschreibung von deren Auswirkungen (Juli-August 2007).
Der Umweltbericht wird folglich Informationen über die zu erwartenden Auswirkungen (Art, Umfang, Bedeutung und grenzüberschreitender Charakter) der Pipelinekonstruktion entlang der ganzen Route enthalten. Die oben genannten Faktoren werden die Umwelt ausschließlich temporär in der Bauphase des Projektes beeinflussen.
Auswirkung auf die gewerbsmäßige Fischerei
Treffen mit Fischereiverbänden der Länder haben gezeigt, dass die reduzierten Fangquoten der gewerbsmäßigen Fischerei Probleme bereiten. Um so wichtiger ist es zu prüfen, ob das Vorhaben von Nord Stream weitere Einschränkungen oder negative Folgen für die Laich- und Aufzuchtgebiete der relevanten Fischarten mit sich bringt.
Um eine gemeinsame Verständigung mit den Fischereiorganisationen zu erzielen, hat Nord Stream bereits Informationen zusammengetragen und Folgendes durchgeführt:
- Kartographierung der Laichgebiete und Festsstellung ihrer jahreszeitlich Auftretens, um Belastungen in diesen Gebieten und Jahreszeiten zu vermeiden,
- Studien zu Fischzügen in der Ostsee von unterschiedlichen kommerziell relevanten Fischarten, um deren wirtschaftliche Bedeutung zu bewerten.
Um einen genauen Überblick über die betriebsbedingten Konsequenzen für die einzelnen Fischer zu erlangen, werden Studien über die Arten, die Größe und den Einsatz von Fischereigeräten und deren Schadenspotenzial im Zusammenhang mit der Leitung angefertigt (z.B. die Gefahr beim Schleppnetzfischen, an der Pipeline hängenzubleiben). Diese Studien werden im April/Mai 2007 durchgeführt.
Zusätzlich werden in Zusammenarbeit und Übereinstimmung mit den Fischereiverbänden der beteiligten Länder Trainingsprogramme für Netzfischereitechniken in den von der Pipeline betroffenen Gebieten angeboten.
Auswirkung von versenkten Munitionsaltlasten
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden chemische Waffen in der Ostsee versenkt. Nord Stream hat – durch von Gazprom in den Jahren 2005-2006 beauftragten Gutachten – die Pipelineroute auf Munitionsaltlasten hin untersucht. Im Laufe dieses Jahres werden zusätzliche Untersuchungen durchgeführt, die weitere Details des Routenverlaufs einschließen. Dies betrifft auch Gebiete, durch die die Pipeline im Falle von Streckenalternativen verlaufen kann.
Die von der Nord Stream AG festgelegte Verfahrensweise bei Munitionsfunden ist:
- Benachrichtigung der zuständigen Behörden,
- Verlegung der Leitungsstrecke, sofern möglich, um eine Beeinträchtigung zu vermeiden,
- Ausführliche Untersuchungen der möglichen Funde und Abstimmung der weiteren Vorgehensweise mit den Behörden, wenn eine Streckenverlegung nicht möglich ist.
Die Untersuchung wird eine ausführliche Munitionserfassung der Streckenkorridore einschließen, die in der Nähe der zwei bekannten Lagerstätten für chemische Waffen verlaufen, eine östlich von Bornholm und eine südöstlich von Gotland. Außerdem wird eine ausführliche Munitionserfassung in den Abschnitten vorgenommen, in denen eine alternative Streckenführung vorgeschlagen wurde.
Die Studie soll zwischen Mai und August 2007 durchgeführt werden, abhängig vom Zeitplan für die Erlangung der Untersuchungsgenehmigung von den zuständigen Behörden. Die Erkundung verläuft in drei Phasen:
- Die erste Schallfächeruntersuchung des Meeresbodens wird einen Korridor von 2 x 30 Metern (gemessen von der Fahrtlinie des Forschungsschiffs) abdecken. Dabei kommen Fächerecholote („Multibeam Echo Sounders“), hochauflösende Flächenecholote („Side Scan Sonars“) und Sub-Bottom Profiler zum Einsatz. Der Korridor der Pipeline wird in zwei Durchgängen mit einem angemessenen Abstand erfasst, um Unbestimmtheiten auszuschließen. Die Schallmessgerätschaften werden hinter dem Forschungsschiff mit einer gleichbleibenden Geschwindigkeit von 4-6 Knoten hergezogen.
- Während der zweiten Phase der Untersuchung wird eine Anordnung von Magnetometern mit einer hochfrequenten Abtastrate und elektromagnetische Induktions-Sensoren (Metalldetektoren) zu einem eigens konstruierten Gestell zusammengefügt, das in einer konstanten Höhe oberhalb des Meeresbodens (z.B. 5 Meter) bei geringer Geschwindigkeit (1-2 Knoten) gezogen wird. Die Auswertung magnetischer Messkurven kann als Anleitung bei der Identifizierung der Objekte dienen, die einer anschließenden weiteren Prüfung in der dritten Phase bedürfen. Die Breite des Korridors, die von den Forschungsgeräten abgedeckt wird, wird ähnlich des für die Nord Stream Rohrleitungen benötigten Korridors festgelegt, d.h. 2 x 10 Meter für jede Leitung. Dieser Korridor wird in zwei Durchgängen erfasst. Den Forschungsgeräten wird zugeschrieben, dass sie metallische Ziele innerhalb eines Bereichs von 10-15 Metern erfassen können.
- Objekte, die als munitionsähnlich eingestuft wurden, werden Gegenstand weiterer ausführlicher Untersuchungen durch ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug („ROV“), das mit einem Abtastsonar, einem Spurdetektor und einem Videogerät ausgestattet ist.
Nationale Genehmigungsverfahren
Die Pipeline wird von den „Ursprungsparteien” nach einem technischen Abnahmeverfahren und einer Umweltverträglichkeitsprüfung zugelassen. Bereits laufende Aktivitäten sorgen für einheitliche Sicherheitsstandards. Die Abstimmung mit den technischen Genehmigungsbehörden hat bereits begonnen.
Der Erfolg des Konsultationsprozesses lässt sich auf den sehr intensiven Dialog mit den Planungs- und Genehmigungsbehörden in den Ostseeanrainerstaaten zurückführen. Nord Stream sieht in dieser Zusammenarbeit einen der Grundpfeiler für den Erfolg des Genehmigungsprozesses des gesamten Projekts.
Hintergrund zum Espoo-Verfahren
Die Espoo-Konvention über die Umweltverträglichkeitsprüfung im grenzüberschreitenden Rahmen verpflichtet die Parteien, in einem frühen Planungsstadium die Umweltverträglichkeit bestimmter Tätigkeiten zu untersuchen. Das Projekt wurde von den „Ursprungsparteien” am 16. November 2006 im Sinne des Übereinkommens notifiziert; als „Ursprungsparteien“ gelten die Länder, durch deren exklusive Wirtschaftszone und/oder Territorialgewässer der geplante Verlauf der Pipeline führt (Dänemark, Deutschland, Finnland, Russland und Schweden). Zusätzlich zu diesen Ländern wurden Estland, Lettland, Litauen und Polen von den Ursprungsparteien notifiziert. Diese letztgenannten Länder gelten als „betroffene Vertragsparteien“ im Sinne des Übereinkommens. Vertreter der Planungs- und Genehmigungsbehörden aller genannten Länder haben sich im Rahmen des Espoo-Verfahrens (April, August, Oktober und November 2006) sowie im Februar 2007 getroffen, um die Vorgehensweisen zu besprechen und zu koordinieren.
Die Notifikation erfolgte auf der Basis eines umfassenden Informationsdokuments zum Projekt, das von Nord Stream erstellt und in zehn Sprachen zur Verfügung gestellt wurde. Die Vorbereitungen der Notifikation – bis hin zu Ausarbeitung und Übersetzung des Informationsdokuments – begannen im April 2006 und verliefen in enger Zusammenarbeit zwischen den Behörden der Ostseeanrainerstaaten. Aus diesem Grund stand das Projekt in allen Anrainerstaaten der Ostsee vom 16. November 2006 bis zum 16. Februar 2007 frei zur öffentlichen Konsultation. Im Verlauf dieser Konsultation veranstaltete Nord Stream elf öffentliche Anhörungen und es fanden zahlreiche Treffen mit Behörden der Ostseeanrainerstaaten und internationalen Organisationen statt.
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