Logistik für Nord Stream-Pipeline im Plan
- Größtes Logistikprojekt Europas setzt auf Nachhaltigkeit
- 95.000 Tonnen Kohlendioxid-Einsparung durch maßgeschneidertes Konzept
21. Oktober 2009 | Berlin | Seit Mitte Oktober liegen rund 30 Prozent der verlegefertigen Rohre für den ersten Strang der Nord Stream-Pipeline in den Rohrlagern an der Ostsee bereit. Die Nord Stream AG plant, im Frühjahr 2010 mit der Verlegung zu beginnen. "Zum Baustart müssen dann entsprechend der derzeitigen Planung mindestens 800 Kilometer verlegefertige Rohre, also etwa zwei Drittel der 1.223 Kilometer langen Strecke, zur Verfügung stehen. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil des anspruchsvollen Logistikkonzeptes, das wir derzeit planmäßig umsetzen", so Klaus Schmidt, Projekt Manager Logistik der Nord Stream AG.
Für die beiden Stränge der Nord Stream-Pipeline werden insgesamt 200.000 Rohre benötigt. Diese wiegen ohne Betonmantel etwa 2,3 Millionen Tonnen, so viel wie 230 Eiffeltürme zusammen. Ein Teil der Rohre wird derzeit auf dem Schienenweg nach Mukran auf Rügen bzw. ins finnische Kotka geliefert. Dort wurden speziell für Nord Stream die weltweit leistungsfähigsten Betonummantelungswerke errichtet, in denen sich das Gewicht jedes Rohres innerhalb von 24 Stunden durch das Aufbringen eines Betonmantels verdoppelt. Die Rohre werden dann entweder an Ort und Stelle gelagert oder in eines der drei weiteren Zwischenlager transportiert. Diese befinden sich in den schwedischen Häfen Karlskrona und Slite sowie im finnischen Hanko. Von den Lagern werden die Rohre dann im nächsten Jahr ab Baubeginn direkt zum Verlegeschiff gebracht.
Mit der Umsetzung des Logistikkonzeptes, das die Betonummantelung der Rohre sowie die Logistikdienstleistungen für beide Pipelinestränge umfasst, hat die Nord Stream AG Ende Juli 2008 das französische Unternehmen EUPEC PipeCoatings S.A. beauftragt. Das Vertragsvolumen beträgt 650 Millionen Euro, von denen rund 100 Millionen Euro in den Aufbau der benötigten Infrastruktur im Ostseeraum investiert werden. Mit dem Neubau der Betonummantelungswerke, der Herrichtung der Lagerflächen sowie der Modernisierung bzw. dem Neubau von Hafenanlagen werden insgesamt rund 400 Arbeitsplätze vor Ort neu geschaffen.
Konzept der kurzen "grünen" Wege
Die Route der Nord Stream-Pipeline durch die Ostsee erfüllt höchste Umweltauflagen. Daran hat sich auch das Logistikkonzept orientiert, das auf emissionsarme Transportmittel und kurze Distanzen setzt. In der Umsetzung bringt das im Vergleich zur Nutzung etablierter Standorte eine Einsparung von 95.000 Tonnen CO2-Emissionen allein für den Bau des ersten Pipelinestranges.
Nach umfangreichen Analysen hat die Nord Stream AG fünf Häfen ausgewählt, die nahe der künftigen Route liegen. Von dort aus können alle Punkte auf der gesamten Verlegestrecke per Schiff innerhalb eines Tages versorgt werden. Eine komplette Tour beinhaltet Hin- und Rückfahrt inklusive Be- und Entladung. Die einfachen Entfernungen sind nie größer als 100 nautische Meilen bzw. 185 Kilometer. Durch diese Entscheidung konnte zum Beispiel die Zahl der Rohr-Zubringer-Schiffe von sechs auf drei halbiert werden.
Insgesamt 96 Prozent aller Rohr- und Materialtransporte werden umweltgerecht mit Bahn oder Schiff auf den kürzesten Routen abgewickelt. LKW-Transporte der Rohre finden nur in den Hafenbereichen statt. Dies spart Schiffsdiesel, LKW-Sprit und sorgt für einen verminderten CO2-Ausstoß.
Die zwei besonders günstig gelegenen Häfen Mukran auf Rügen und Kotka in Finnland spielen eine tragende Rolle. Dort, direkt an den Schnittpunkten von Eisenbahn und Schiff, findet die Gewichtsverdopplung statt. Neben den zwei größten Rohrlagern des Projektes sind innerhalb kürzester Zeit die zwei Betonummantelungswerke entstanden. Die Anlieferung der Rohre des ersten Stranges kann so zum Beispiel zu 90 Prozent per Bahn erfolgen. Die restlichen 10 Prozent werden in der Kombination aus Bahn und Schiff realisiert. In Mukran kommen pro Woche bis zu 15 Züge mit je 100 Rohren an. Jedes einzelne Rohr ist durchschnittlich zwölf Meter lang und rund zwölf Tonnen schwer. Vor der Verlegung auf dem Ostseeboden werden die Rohre mit Schwerbeton beschichtet. Sie wiegen danach rund 23 Tonnen. 200 Arbeiter in Mukran und 190 in Kotka fertigen pro Woche jeweils 1.000 betonummantelte Rohre. Diese verbleiben zum Teil in den Rohrlagern der beiden Standorte, werden aber auch von Mukran auf die Zwischenlager Karlskrona und Slite sowie von Kotka auf das Zwischenlager Hanko per Schiff verteilt. Dort verbleiben sie bis zum letzten direkten Transport zum Verlegeschiff. Insgesamt liegen derzeit 30.000 betonummantelte Rohre in Mukran, Karlskrona und Kotka bereit.
Europäisches Denken im Interesse der Umwelt
Um die Umwelt zu schonen, werden die benötigten Rohstoffe für die Betonummantelung aus sieben europäischen Ländern bezogen. Die dadurch möglichen kurzen Transportwege minimieren Energieverbrauch und Emissionen. Den größten Anteil hat dabei das schwedische Unternehmen MINELCO AB, das 1,38 Millionen Tonnen Magnetit liefert. Mit dem Transport über den norwegischen Hafen Narvik ist das deutsche Unternehmen Mibau beauftragt worden. 370.000 Tonnen Zement bringt die deutsche Holcim per Bahn durch DB Schenker bzw. per Schiff und Bahn nach Kotka. Weitere 370.000 Tonnen Sand und Split kommen aus Skandinavien per Schiff. Anoden für den aktiven Korrosionsschutz der Pipeline werden über den Seeweg von Italien geliefert. Lediglich kleinere Mengen werden per LKW transportiert, darunter beispielsweise der Stahl für die Armierungskäfige aus Belgien, den Niederlanden und Frankreich sowie Abstandshalter für die Armierungskäfige aus Großbritannien.
Auch am Transport der Rohre sind verschiedene Unternehmen aus Europa beteiligt. 75.000 Rohre des ersten Pipelinestranges werden vom Rohrhersteller EUROPIPE in Mülheim an der Ruhr durch die DB Schenker Rail Deutschland AG transportiert. Vom russischen Hersteller OMK, der in Wyksa (350 km östlich von Moskau) die übrigen 25.000 Rohre des ersten Stranges produziert, werden die Rohre durch die russische Bahn nach Kotka gebracht. Mit dem Transport der betonummantelten Rohre von Mukran und Kotka zu den Zwischenlagern Karlskrona, Slite und Hanko ist die schwedische Reederei AtoB@C Shipping AB beauftragt. Der Umschlag der Rohre und deren Lagerung in den drei Zwischenlagern liegen in den Händen der norwegischen NorSea Group. In Mukran hat die zur Hamburger BUSS Gruppe gehörende Sea Terminal Sassnitz GmbH alle Logistikaktivitäten übernommen. Im finnischen Kotka hingegen werden diese vom Unternehmen Stella Stevedorica Oy Ltd aus Kotka realisiert.
Das Logistikkonzept der Nord Stream AG wird gemeinsam mit dem Unternehmen EUPEC PipeCoatings erfolgreich umgesetzt. Es:
- minimiert den Einfluss auf die Umwelt im Ostseeraum durch größtmögliche Ressourcenschonung,
- schafft positive Effekte für die beteiligten Häfen durch nachhaltigen Ausbau der Infrastruktur und
- kurbelt die lokale Wirtschaft durch Schaffung von Arbeitsplätzen an.