Impulse für die deutsche Wirtschaft
8. November 2007 | Zug | Die Nord Stream AG, Zug/Schweiz, sowie die EUROPIPE GmbH, Mülheim a.d. Ruhr, haben heute einen Vertrag für die Lieferung von Stahlrohren für den Bau der Ostsee-Pipeline unterzeichnet. EUROPIPE wird rund 75 Prozent der Rohre für den ersten Strang der 1.200 Kilometer langen Leitung von Wyborg, Russland, bis Lubmin, Deutschland.
25 Prozent der dafür benötigten Mengen wurden an das russische Röhrenwerk OMK, Wyksa, vergeben.
Das Auftragsvolumen für EUROPIPE umfasst 860.000 Tonnen Rohre aus hochqualitativem Stahl. Dafür investiert die Nord Stream AG mehr als 1 Milliarde Euro. Durch den Abschluss dieses Vertrages über Rohrlieferungen bis Anfang 2010 sichert sich Nord Stream die benötigten Rohre für die erste Pipeline zum jetzigen Marktpreis. Zugleich wurde die abzusehende Entwicklung des Stahlmarktes berücksichtigt, um auch der Lieferantenseite Sicherheit zu bieten.
Ergebnis weltweiter Ausschreibung
Die weltweite Ausschreibung für die Lieferung von Rohren erfolgte bereits Ende November 2006. Zuvor hatte Nord Stream gemeinsam mit ihren Gesellschaftern eine internationale Studie zur Identifikation möglicher Anbieter erstellt. Auf dieser Basis wurden sechs Hersteller aus Deutschland, Russland und Japan zur Teilnahme an der Ausschreibung eingeladen. Diese Unternehmen mussten nachweisen, hochdruckfähige Stahlrohre mit großem Durchmesser für den Offshore-Gebrauch gemäss internationaler Qualitätsstandards und im benötigten Umfang liefern zu können. Vier Unternehmen erbrachten diesen Nachweis. Nach Auswertung ihrer Angebote wurden drei Viertel des Auftragsvolumens dem deutschen Hersteller EUROPIPE und ein Viertel dem russischen Unternehmen OMK zugesprochen. Beide Unternehmen sind DNV-zertifizierte (Det Norske Veritas) Hersteller. Sie verfügen über die erforderlichen Kapazitäten für die Fertigung und die Lieferung der kontrahierten Rohre bis Anfang 2010. Ausschlaggebend für die Aufteilung des Auftragvolumens waren technische, wirtschaftliche und kapazitätsbedingte Faktoren.
Für die Stahlrohre der zweiten Pipeline wird Nord Stream eine neue Ausschreibung durchführen. Das Unternehmen geht davon aus, dass sich daran eine größere Anzahl hinreichend qualifizierter Hersteller beteiligen kann.
Bedeutender Projektschritt
Für die beabsichtigte Fertigstellung des ersten Leitungsstranges im Jahr 2010 ist die vertragliche Vereinbarung ein wichtiger Zwischenschritt. Zum Baubeginn im Jahr 2009 müssen rund ein Drittel, d.h. mehr als 400 Kilometer Rohre für die Verlegung an verschiedenen Logistikstandorten lagern. Bis dahin muss die gesamte Produktionskette, beginnend mit der Stahlerzeugung, der Blechproduktion, der Rohrfertigung sowie Beschichtung bis hin zum Transport an die Lagerplätze für die Offshore-Verlegung durchlaufen worden sein.
Grundlage für umfassende Folgeaufträge
Nord Stream wird zur Offshore-Verlegung weitere wichtige Aufträge an den Markt vergeben. So wird Ende 2007 das Ausschreibungsverfahren für Betonummantelung und Logistik abgeschlossen. Dieser Auftrag wird zu kurzfristigen Investitionen in mindestens zweistelliger Millionenhöhe für maschinelle Anlagen sowie für Infrastruktureinrichtungen führen. Zusätzlich zur Verbesserung der Infrastruktur werden diese Aufträge auch direkte Beschäftigungseffekte auslösen. So können z.B. in dem als möglichen Logistikstandort vorgeschlagenen Hafen Sassnitz/Mukran auf der Insel Rügen über 200 Arbeitsplätze entstehen. Mit Saipem (UK) hat Nord Stream bereits einen Letter of Intent für die Kapazitäten für Verlegeschiffe unterzeichnet. Ein Vertrag wird voraussichtlich im Februar 2008 abgeschlossen.
Solide Budgetplanung
Die Angebote für Rohrlieferungen, Logistik und Verlegekapazitäten werden die wesentlichen Kostenfaktoren bilden, um ein detailliertes und auf aktuelle Beschaffungspreise beruhendes Projektbudget für die 1.200 Kilometer lange Leitung zu kalkulieren. Nord Stream schätzt die Investitionskosten derzeit auf mindestens 5 Milliarden Euro. Im langfristigen Gesamtkostenvergleich weist die Verlegung durch die Ostsee damit wirtschaftliche Vorteile gegenüber einer Landleitung auf. So liegen die Gesamtkosten für Nord Stream einschliesslich Betriebskosten über eine Dauer von 25 Jahren rund 15 Prozent unter den Kosten für eine Pipeline auf dem Land mit gleicher Transportkapazität. Grund sind vor allem die vergleichsweise hohen Betriebskosten einer Landleitung aufgrund der benötigten Kompressorstationen.
Entsprechend dem geschätzten Projektbudget werden die Gesellschafter das notwendige Stammkapital an die Nord Stream AG überweisen. Die Eintragung in das Handelsregister ist erfolgt. Im Oktober 2007 wurde das Stammkapital auf 257 Millionen Schweizer Franken erhöht. Weitere Erhöhungen des Stammkapitals werden gemäß dem Projektfortschritt erfolgen. Damit verfügt Nord Stream über das notwendige Eigenkapital zur Sicherung des Cashflows.
Größter Einzelauftrag in der Firmengeschichte von EUROPIPE
Die gebuchten 860.000 Tonnen Großrohre stellen wertmäßig den größten Einzelauftrag in der Geschichte von EUROPIPE dar. Dieser Auftrag beinhaltet Herstellung, Isolierung und Transport der Rohre.
EUROPIPE wird die gesamte Rohrmenge in Höhe von 860.000 Tonnen im Großrohrwerk Mülheim a.d. Ruhr produzieren. Zur Herstellung der Rohre wird EUROPIPE bei ihren Gesellschaftern Dillinger Hütte und Salzgitter Mannesmann die notwendigen Bleche bestellen. Der erteilte Rohrauftrag mit den vereinbarten Lieferzeiten führt bei EUROPIPE für 18 Monate zu einer Kapazitätsauslastung von mehr als 40 Prozent. Die bestellte Innenbeschichtung und die äußere Korrosionsbeschichtung wird bei der EUROPIPE Tochter MÜLHEIM PIPECOATINGS (MPC) GmbH durchgeführt. Deren Kapazität ist damit sogar zu 60 Prozent ausgelastet. Rund 800 Mitarbeiter werden in Mülheim a.d. Ruhr bei EUROPIPE und MPC durch diesen Auftrag beschäftigt.
Logistische Herausforderung
Auch für die Deutsche Bahn als Dienstleister von EUROPIPE stellt dieser Auftrag eine große Herausforderung dar. Sie wird für den Transport der Großrohre von Mülheim a.d. Ruhr sowohl zum potentiellen Logistikstandort Hafen Sassnitz/Mukran als auch für den Transport nach Bremen zur weiteren Seeverschiffung verantwortlich sein. Für die Fertigungskampagne werden rund 380 Spezialwaggons im Rundlauf eingesetzt.